Nach vier Tagen ohne eine Wanderung war es mal wieder Zeit, sich zu bewegen. Die Nordküste Picos kennen wir nicht so gut, daher war die Wandertour schnell gefunden. Rund um das Örtchen Santa Luzia sollte es durch ein Gebiet mit Landwirtschaft und Weinanbau gehen. Ein Teil der Wanderung verlief direkt an der Küste entlang. Das klang vielversprechend!

Trüb, windig und regnerisch begrüßte uns der Tag als wir die Tür der Casa Madeira aufmachten. Bis zum Frühstück hatte sich der Regen und ein Großteil des Windes verzogen, bedeckt war es aber immer noch. Dieses Spielchen kennen wir schon auf den Azoren und daher haben wir guten Mutes unsere Wandersachen gepackt und sind mit Sonnencreme bewaffnet auf die andere Seite der Insel gefahren.

Wie erwartet, schien in Santa Luzia die Sonne und die Sonnencreme diente nicht dazu, dass der Regen besser abläuft.

Oftmals starten Wanderungen an Kirchen, da diese zentral im Ort liegen und meist leicht zu finden sind. Dies hat zur Folge, dass wir häufig nach kurzer Zeit einen Stopp einlegen, da wir einen Blick auf den örtlichen Friedhof werfen. Hier in Santa Luzia stachen die Unmengen an Plastikblumen auf den Gräbern ins Auge.

Ein Stückchen hinter dem Friedhof stand eine große Monstera am Wegesrand, die bereits geblüht und Früchte ausgebildet hatte. Seit dem letzten Jahr wissen wir, dass die Früchte essbar sind und einen ungewöhnlich fruchtigen, harzigen Geschmack haben und sehr lecker sind. Leider waren diese Früchte noch nicht reif, sonst hätten sie uns wohl auf unserer Wanderung begleitet und wären das Highlight eines kommenden Frühstücks gewesen.

Der weitere Weg verlief erst einmal relativ unspektakulär entlang von Feldern und Wiesen den Berghang hinauf. In einem langen Bogen führte uns der Weg wieder in Richtung Küste zurück. Eine besondere Entdeckung haben wir in einem kleinen Dorf gemacht. Wir haben schon viele verschiedene Briefkästen hier gesehen: Vogelhäuser, Nachbauten des eigentlichen Wohnhauses, aufgeschnittene Plastikeimer aber eine ausgediente Mikrowelle war bislang nicht dabei!

Pico unterscheidet sich von den anderen Azoreninseln u.a. durch seine Küste. Wie ein breiter Ring ziehen sich erkaltete Lavamassen um die Insel. Der Atlantik mit seinen Wellen hat in den letzten Jahrtausenden daraus zum Teil sehr bizarr aussehende Strukturen geschaffen. Große Bögen und Überhänge direkt am Meer sowie gigantische „Kuhfladen“ über die unser Wanderweg ging. Durch alle Spalten in der Lava drängten Pflanzen und gaben so einen schönen schwarz-grün Kontrast.

Der Weg verlief abwechselnd über Lavafelder und durch kleine Wäldchen, die hauptsächlich aus mannshohen Heidegewächsen bestanden. Je näher wir dem Nordzipfel Santa Luzia kamen, um so häufiger tauchten endlich die versprochenen Weinfelder auf. Wie ein gigantisches Labyrinth aus Lavasteinwänden zieht sich das Anbaugebiet an der Küste entlang. Die Steinwände halten nicht nur den Wind ab, sondern speichern auch die Hitze des Tages und geben sie am Abend nach und nach wieder ab.

Das Meeresrauschen war eine willkommene Abwechslung zur Stille während des ersten Teils der Wanderung. Sieht man vom Vogelgezwitscher und einem gelegentlichen Hundegebell einmal ab, ist es unglaublich ruhig hier auf den Inseln. Das geht sogar so weit, dass man die Flugzeuge, die die Inseln in 11 Kilometer Höhe überfliegen, deutlich hören kann. Anderswo ist mir so etwas noch nicht aufgefallen.

Der Rückweg von der Küste an die Hauptstrasse war eine fast schnurgerade Strasse, die sich gefühlt endlos hinzog. Links und rechts gab es ein paar kleinere Häuser, ansonsten nur Felder. Zum Glück schmückte ab und zu mal eine wilde Calla den Wegesrand.

Den Abend haben wir dann wieder gemütlich an unserem Häuschen mit einer großen Schüssel Salat und einem kalten Bier ausklingen lassen.