Am ersten vollen Tag in der Wassermühle hatten wir uns bereits auf die Suche nach kleinen Höhlen gemacht, sie aber nicht finden können. Per WhatsApp haben wir dann am Folgetag von unserem Vermieter Mauro eine detaillierte Beschreibung bekommen, wie wir zu den Höhlen gelangen können. Heute war wieder bestes Wetter und wir haben uns aufgemacht, diesmal den richtigen Weg zu finden.
Die Wassermühle liegt in einer kleinen Senke, in der sich die kühle, frische Morgenluft bis zum späten Vormittag hält. Erst wenn die Sonne hoch genug steht, um einen Großteil des Grundstücks zu bescheinen, wärmt es langsam durch. Durch die besondere Lage scheint es, als würde sich der Blütenduft des wilden Ingwers, der die Hänge in Beschlag genommen hat, an dieser Stelle konzentrieren. Es ist jedes Mal ein unglaubliches Gefühl aus der Tür zu treten und komplett in eine dichte Wolke aus Blütenduft einzutauchen.
Wir hatten unser festes Schuhwerk angezogen und uns auf die etwa zehnminütige Tour bis hin zu einem kleinen privaten Picknickplatz am Fluss gemacht. Gemäß Mauros Anleitung schlugen wir uns einfach rechts den Hang hinauf, hindurch durch fast mannshohen Ingwer auf dessen Blättern noch der Tau des Morgens lag. Entsprechend durchnässt waren wir nach wenigen Schritten, aber der Ingwer mit seinen kräftigen Stielen bot auch eine hervorragende Möglichkeit, sich an schwierigen Stellen hochzuziehen.
Der Weg war nicht ganz klar zu erkennen und wir mussten immer mal wieder schauen, ob uns nun ein Abbiegen nach links oder rechts näher an die Felswand bringen würde, in der wir die Höhlen vermuteten. Nach einigen zu übersteigenden Baumstämmen standen wir dann plötzlich vor der Wand und direkt vor den beiden Höhen.
Vom früheren Besitzer der Wassermühle wurden die beiden in den Fels geschlagenen Räume als Taubenschlag genutzt. Daher ging man lange Zeit davon aus, dass die beiden Höhlen nur wenige Jahrzehnte alt wären. Durch einen ähnlichen Fund auf der Insel Terceira in der Zentralgruppe der Azoren, kam vor wenigen Jahren eine ganz andere Idee auf.
Die beiden Räumen ähneln den Kolumbarien, in denen die Phönizier ihre Toten zu bestatten pflegten. Das Seefahrervolk aus dem Mittelmeerraum könnte viel weiter gekommen sein, als es bislang bekannt ist. Die Ausgrabungen auf Terceira dauern noch an und die beiden Höhlen vor denen wir standen, sollten auch in den kommenden Jahren archäologisch untersucht werden. Zusammen mit dem Fund von Münzen aus Kathargo auf Corvo, könnte sich ein ganz anderes Bild des Wirkungskreises der Mittelmeeranrainer ergeben.
Somit würde die Erstentdeckung der Azoren nicht mehr portugiesischen Seefahrern zufallen und sich auch die Frage stellen, ob wenn man schon die Hälfte des Atlantiks durchqueren konnte, man damals nicht auch noch die andere Hälfte hätte schaffen können. Haben also erst die Wikinger Kolumbus den Titel als Entdecker Nordamerikas abgejagt, so könnte ihnen das gleiche in der Zukunft durch die Phoenizier „drohen“.
Nach dem Abstieg haben wir uns in trockene Klamotten geworfen und sind an das östliche Ende des Kraters von Furnas gefahren. Hier befindet sich ein weiteres Gebiet mit heißen Quellen, das sich in den Jahren in den wir es besuchen, deutlich gewandelt hat. Früher gab es hier nur einen Parkplatz und einen kleinen Imbisswagen. Ein paar Jahre später kam auf dem Zufahrtsweg eine kleine Schranke mit einem Pförtnerhäuschen hinzu an dem es wenige Euro pro Person als Eintritt zu entrichten galt. Der Imbisswagen wich einem einem Souvenirshop in einem schlichten Holzbau.
Konnten wir bei unseren ersten Besuchen noch frei über das Feld mit den heißen Quellen laufen und wurden bei den größeren Löchern durch provisorische Absperrungen am Hinfallen gehindert, so kann man sich heute nur noch auf extra hierfür errichteten Holzstegen bewegen. Es macht den Anschein, als hätte man die Naturgewalt hier in hölzernes Korsett gezwängt, wohlwissend, dass sie hieraus jederzeit mit Leichtigkeit ausbrechen könnte.
Neben den heißen Quellen gibt es hier noch weitere Löcher im Boden, die aber von Menschenhand gegraben worden sind. In diesen Löchern wird der sog. Cozido gekocht. Am Vormittag bringen Restaurant sowie Privatpersonen große Kochtöpfe in denen Gemüse und Fleisch und Wurst dicht gepresst gestapelt ist. Diese Töpfe werden in den Löchern versenkt, es kommt ein hölzerner Deckel auf das Loch und dieser wird mit einem Berg Sand zugedeckt. Es dauert mehrere Stunden, bis die aufsteigende Hitze den Eintopf gar gekocht hat. Am Nachmittag kommen die Besitzer der Töpfe wieder und hohlen sich ihren Topf wieder. In den meisten Restaurants in Furnas steht Cozido auf der Speisekarte, in manchen sogar in einer vegetarischen Version!
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